Post by Slim K team on Jan 24, 2006 17:56:57 GMT -8
[glow=red,2,300]Plattenfirmen weiter im Tal der Tränen[/glow]
Cannes (dpa) - Die deutsche Plattenbranche befindet sich in einem tiefen dunklen Tal: Trotz des Deutsch-Pop-Booms mit Bands wie Wir sind Helden oder Tokio Hotel und einem wachsenden Onlinemarkt sind die Umsätze im Jahr 2005 erneut zurückgegangen.
www.midem.com
Ein Minus von fünf bis sechs Prozent erwartet der Phonoverband. Und für das laufende Jahr sieht es ebenso düster aus. "Es wird sich nichts wesentlich ändern. Ich sehe keine Anzeichen für eine Verbesserung in 2006", sagte der Verbandsvorsitzende Michael Haentjes der dpa auf der internationalen Musikmesse Midem in Cannes. Damit hat die Branche seit Ende der 90er Jahre mehr als 40 Prozent ihrer Erlöse verloren, die jetzt noch bei etwas über 1,6 Milliarden Euro liegen dürften.
Im globalen Markt läuft es etwas besser für die Labels. Auf minus zwei Prozent schätzt der internationale Phonoverband IFPI die Umsatzeinbußen in 2005. "Das liegt vor allem daran, dass die Händler mit den Preisen runtergegangen sind. Die Plattenfirmen dürften etwa das Gleiche einnehmen wie im Vorjahr", sagte IFPI-Vorsitzender John Kennedy. Der Handelsumsatz dürfte zwischen 31 und 32 Milliarden Dollar gelegen haben.
Die deutsche Plattenindustrie scheint ratlos. In seiner Ursachenanalyse verweist der Bundesverband gebetsmühlenartig auf das Problem der Raubkopiererei. In Deutschland sei die Ausstattung mit Computern und CD-Brennern besser als in anderen Staaten, meinte Haentjes. "Es wird hier zu Lande mehr kopiert." Doch die Plattenfirmen trügen auch eine Mitschuld an der Misere, räumte er ein. "Wir haben es versäumt, einen starken Fachhandel zu erhalten." Es gebe fast nur noch große Ketten, die CDs nebenbei verkauften. "Und wenn dann das CD-Geschäft zurückgeht, werden ganz schnell CD-Regalflächen für andere Waren geräumt."
Eines zumindest hat sich in den vergangenen beiden Jahren geändert: Die jahrelang kritisierte Vernachlässigung eigener Künstler, die sich gegen die anglo-amerikanische Konkurrenz behaupten können, gehört der Vergangenheit an. Mittlerweile werden die Musikcharts von deutschen Musikern wie Xavier Naidoo, Annett Louisan oder Silbermond beherrscht.
Auch auf internationalem Parkett möchten die Deutschen stärker auftreten. Zur 40. Midem - mit rund 10 000 Besuchern neben der Popkomm einer der größten Musikbranchentreffs der Welt - kam mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erstmals ein deutsches Regierungsmitglied. Der sprach sich sogleich für eine Stärkung des Urheberrechtsschutzes aus. "Wer Urheberrechte verletzt, muss bestraft werden können", sagte er mit Blick auf die anstehenden Bundestagsberatungen zum Urheberrecht.
Mit Annett Louisan und der Band Juli gab es zum 40. Geburtstag der Midem in Cannes gleich zwei Mal deutsche Musik zu hören - ein Novum. Juli nahm am Sonntagabend ihren "Europäischen Border Breakers Award" (EBBA) als erfolgreichste deutsche Nachwuchsband im EU-Ausland in Empfang. Annett Louisan stellte beim anschließenden deutschen Empfang Lieder ihres aktuellen Erfolgsalbums "Unausgesprochen" vor. Dies sollte ausgebaut werden, sagte CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter, Gründer des Dialogforums Musikwirtschaft
Doch während diese Ankündigungen verklingen, steht das deutsche Musikexportbüro GermanSounds vor dem Aus. Nur zwei Jahre nach der Gründung will der Bund kein Geld mehr geben. "Die öffentliche Finanzierung war nur der Anschub für das Projekt, jetzt muss die Wirtschaft das allein weiterführen", sagte Kampeter. In den ersten beiden Jahren trug der Staat rund zwei Drittel des Etats, der insgesamt bei knapp 350 000 Euro lag.
An einer Eigenfinanzierung hat Phonoverbandschef Haentjes aber gar kein Interesse. "Ich würde sagen, vergesst es. Es gibt genug Firmen, die den Export ihrer Künstler selbst organisieren können und dies auch machen", sagte der Chef des großen deutschen Independent-Labels Edel Music. Für die kleinen Plattenfirmen wäre dies aber ein Schlag ins Kontor. "Deutsche Bands brauchen Tour-Unterstützung im Ausland", sagte GermanSounds-Projektdirektorin Rosita Kürbis. Nur so würden deutsche Künstler im Ausland bekannt und verkauften mehr Platten.
Von Patrick T. Neumann, dpa
Cannes (dpa) - Die deutsche Plattenbranche befindet sich in einem tiefen dunklen Tal: Trotz des Deutsch-Pop-Booms mit Bands wie Wir sind Helden oder Tokio Hotel und einem wachsenden Onlinemarkt sind die Umsätze im Jahr 2005 erneut zurückgegangen.
www.midem.com
Ein Minus von fünf bis sechs Prozent erwartet der Phonoverband. Und für das laufende Jahr sieht es ebenso düster aus. "Es wird sich nichts wesentlich ändern. Ich sehe keine Anzeichen für eine Verbesserung in 2006", sagte der Verbandsvorsitzende Michael Haentjes der dpa auf der internationalen Musikmesse Midem in Cannes. Damit hat die Branche seit Ende der 90er Jahre mehr als 40 Prozent ihrer Erlöse verloren, die jetzt noch bei etwas über 1,6 Milliarden Euro liegen dürften.
Im globalen Markt läuft es etwas besser für die Labels. Auf minus zwei Prozent schätzt der internationale Phonoverband IFPI die Umsatzeinbußen in 2005. "Das liegt vor allem daran, dass die Händler mit den Preisen runtergegangen sind. Die Plattenfirmen dürften etwa das Gleiche einnehmen wie im Vorjahr", sagte IFPI-Vorsitzender John Kennedy. Der Handelsumsatz dürfte zwischen 31 und 32 Milliarden Dollar gelegen haben.
Die deutsche Plattenindustrie scheint ratlos. In seiner Ursachenanalyse verweist der Bundesverband gebetsmühlenartig auf das Problem der Raubkopiererei. In Deutschland sei die Ausstattung mit Computern und CD-Brennern besser als in anderen Staaten, meinte Haentjes. "Es wird hier zu Lande mehr kopiert." Doch die Plattenfirmen trügen auch eine Mitschuld an der Misere, räumte er ein. "Wir haben es versäumt, einen starken Fachhandel zu erhalten." Es gebe fast nur noch große Ketten, die CDs nebenbei verkauften. "Und wenn dann das CD-Geschäft zurückgeht, werden ganz schnell CD-Regalflächen für andere Waren geräumt."
Eines zumindest hat sich in den vergangenen beiden Jahren geändert: Die jahrelang kritisierte Vernachlässigung eigener Künstler, die sich gegen die anglo-amerikanische Konkurrenz behaupten können, gehört der Vergangenheit an. Mittlerweile werden die Musikcharts von deutschen Musikern wie Xavier Naidoo, Annett Louisan oder Silbermond beherrscht.
Auch auf internationalem Parkett möchten die Deutschen stärker auftreten. Zur 40. Midem - mit rund 10 000 Besuchern neben der Popkomm einer der größten Musikbranchentreffs der Welt - kam mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erstmals ein deutsches Regierungsmitglied. Der sprach sich sogleich für eine Stärkung des Urheberrechtsschutzes aus. "Wer Urheberrechte verletzt, muss bestraft werden können", sagte er mit Blick auf die anstehenden Bundestagsberatungen zum Urheberrecht.
Mit Annett Louisan und der Band Juli gab es zum 40. Geburtstag der Midem in Cannes gleich zwei Mal deutsche Musik zu hören - ein Novum. Juli nahm am Sonntagabend ihren "Europäischen Border Breakers Award" (EBBA) als erfolgreichste deutsche Nachwuchsband im EU-Ausland in Empfang. Annett Louisan stellte beim anschließenden deutschen Empfang Lieder ihres aktuellen Erfolgsalbums "Unausgesprochen" vor. Dies sollte ausgebaut werden, sagte CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter, Gründer des Dialogforums Musikwirtschaft
Doch während diese Ankündigungen verklingen, steht das deutsche Musikexportbüro GermanSounds vor dem Aus. Nur zwei Jahre nach der Gründung will der Bund kein Geld mehr geben. "Die öffentliche Finanzierung war nur der Anschub für das Projekt, jetzt muss die Wirtschaft das allein weiterführen", sagte Kampeter. In den ersten beiden Jahren trug der Staat rund zwei Drittel des Etats, der insgesamt bei knapp 350 000 Euro lag.
An einer Eigenfinanzierung hat Phonoverbandschef Haentjes aber gar kein Interesse. "Ich würde sagen, vergesst es. Es gibt genug Firmen, die den Export ihrer Künstler selbst organisieren können und dies auch machen", sagte der Chef des großen deutschen Independent-Labels Edel Music. Für die kleinen Plattenfirmen wäre dies aber ein Schlag ins Kontor. "Deutsche Bands brauchen Tour-Unterstützung im Ausland", sagte GermanSounds-Projektdirektorin Rosita Kürbis. Nur so würden deutsche Künstler im Ausland bekannt und verkauften mehr Platten.
Von Patrick T. Neumann, dpa